2. Historischer Überblick

2.1 Was ist chinesische Medizin - Akupunktur?

Die chinesische Medizin ist eine eigenständige Wissenschaft, die ein ganzheitliches Diagnose- und Heilungssystem vereinigt, welches Körper, Geist und Seele in fester Verbindung mit der Natur sieht. Es beruht auf den spirituellen Erkenntnissen einer chinesischen Philosophie, dem Taoismus, der eine harmonische Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt anstrebt. Dieses System weist wiederum eine Vielfalt von Teilgebieten auf.

Die Akupunktur war die erste chinesische Heilmethode, die sich bei der Suche nach Alternativen zur Schulmedizin durchsetzte. Sie wird als Nadel- und Brennpunktherapie bezeichnet und basiert auf dem Einstechen von langen, dünnen Metallnadeln in einige von ca. 360 genau festgelegten Punkten der Haut. Heute wird sie häufig bei Schmerzbehandlungen angewandt. Das Wort Akupunktur ist eine Schöpfung europäischer Mediziner, welche die lateinischen Bezeichnungen für "Punkt" = "acus" und "stechen" = "pungere" zusammengefügt haben.


2.2 Geschichte der chinesischen Medizin, speziell Akupunktur

Die chinesische Medizin ist eine über 2000 – 4000 Jahre alte Heilkunst, die zwangsläufig eine eigene Art des Verständnisses vom Körper und Erkrankung definiert hat. Sie stützt sich auf ein reiches und sehr altes Schrifttum.
Die ältesten Aufzeichnungen wurden im Buch "Nei-Jing" festgehalten, das somit als frühestes medizinisches Werk auf der Welt gilt. "Gedanken zur Krankheitsverhütung stehen ganz am Anfang der ärztlichen Überlieferung des alten Chinas. […] Auf dieser Grundlage haben hygienische Maßnahmen und Ungezieferbekämpfung in der chinesischen Geschichte eine wichtige Rolle gespielt." Ungefähr im 11. Jahrhundert war man schon so weit, dass in China erstmals eine Pockenimpfung verabreicht wurde. Überhaupt hat die chinesische Wissenschaft mit ihren Erkenntnissen in dieser Zeit die allgemeine Schulmedizin bereichert, im Gegenzug aber auch zahlreiche Anregungen ausländischer Heilverfahren verwendet. Während der Kolonialzeit Mitte des 19. Jahrhunderts kam es dann zum Zerfall der traditionellen Heilkunde, da die herrschende Schicht des Landes überwiegend die westliche Medizin bevorzugte. So wurde "Chinas Kostbarkeit" diskriminiert und verkümmerte. "Heute hat man in der Volksrepublik […] erkannt, dass die Zukunft […] in einer Verbindung zwischen traditioneller chinesischer und moderner westlicher Methodik liegt."

Ein berühmter Mythos erzählt, dass ein verletzter Krieger mit offener Wunde von einem Pfeil getroffen wurde und wie durch ein Wunder kam es zur Heilung. So wurden die ersten Erfahrungen der Menschheit mit Akupunktur schon in der Jungsteinzeit (8000-5000 v. Chr.) registriert. Als Erfinder gilt allerding der "Gelbe Kaiser" (huang-ti).

Heute verlangen die Menschen, die unter alltäglichen Krankheiten, wie Rücken–, Kopfschmerzen oder Stress leiden nach einem Ersatz der künstlichen Medikamente. Das "Zhen-Jiu" (Akupunktur) erwies sich hier als sehr wirksame Lösung und frei von Nebenwirkungen.


2.3 Das Wesen der chinesischen Heilkunst

Alle Teilgebiete der chinesischen Medizin beruhen auf einer gemeinsamen theoretischen Grundlage. Diese vermittelt eine zunächst eigenartige Sichtweise der Dinge. Zum Beispiel sieht sie Hitze oder Kälte als Ursache verschiedener Erkrankungen und ordnet sie nicht direkt den klassischen krankheitsauslösenden Faktoren zu. Dennoch behandelt sie präzise und erfolgreich die Beschwerden ihrer Patienten und bekämpft Krankheitserreger, die sie wiederum gar nicht definiert.

In der traditionellen Gesundheitslehre betrachtet man den menschlichen Körper als abgeschlossenes Energiesystem und deutet Krankheiten als "Muster der Disharmonie". Man versucht diese Gesamtheit in ein energetisches Gleichgewicht zu bringen und somit eine gesunde Harmonie wieder herzustellen. Das Zentrum dieser organischen Einheit sind laut Chinas Heilkunde die Speicher- und Hohlorgane (z. B. Magen, Blase), deren "Kommunikation untereinander" durch Meridiansysteme und Nebengefäße geschieht. Außerdem erkennt die chinesische Medizin die Einheit zwischen Mensch und seiner Umwelt bzw. Natur.

"Die 12 Hauptleitbahnen"
Bildquelle: Hempen; Carl-Herrmann: Taschenatlas Akupunktur, S.26, 2005.

Doch bevor man mit einer Akupunkturbehandlung beginnt, muss ausreichend diagnostiziert werden. Dies bezeichnet man in China als dialektische Syndrom-Diagnostik. Jene Bezeichnung stammt aus dem altchinesischen Yin-Yang-bezogenen Denken, welches auf These und Antithese beruht. Eine häufig angewendete Methode ist die Zungendiagnostik, die nach intensiver Betrachtung der Zunge eine differenzierte Auskunft über Erkrankung, Symptome und Heilmethode geben kann. Dazu wird die Zunge z. B. in bestimmte Bereiche eingeteilt, die wiederum bestimmten Organen zugeordnet werden. Oft fühlt der Heilpraktiker auch den Puls oder wendet die Kinesiologie an, die über eine Muskelreaktion den Gesundheitszustand testet. Danach kann man zielgerichtet und erfolgreich behandeln. Im Gegensatz zur westlichen Medizin spaltet man das Individuum nicht in Psyche und Soma (Körper), sondern nutzt die energetischen Abweichungen durch das zur Verfügung stehende Ordnungssystem. Entscheidend ist hierbei, dass die chinesische Medizin vorrangig krankheitsvorbeugend, nicht krankheitsbekämpfend arbeitet. Neben der Akupunktur gehören oft auch Kräuterkuren (häufig um den Körper zuerst einmal zu entgiften), Meditation, bestimmte Bewegungsformen oder Diäten und Massagen zum Heilungsprogramm.